Braucht die moderne Portfoliotheorie eine Ergänzung um private Märkte?
Die Grundlagen moderner Portfoliotheorie wurden von Harry Markowitz in den 1950er Jahren entwickelt. Mit seiner mathematisch-statistischen Methode wurden Portfolios im öffentlichen Kapitalmarkt erstmals so gestaltet, dass sie bei einem bestimmten Risiko die höchste mögliche Rendite bieten – oder andersherum: für einen gewünschten Ertrag das Risiko minimieren. Sie bildet bis heute das Fundament für die meisten modernen Anlagestrategien.
Die Grundlagen der Markowitz-Theorie
Kernstück der Portfoliotheorie ist die Diversifikation, also die Streuung von Anlageklassen innerhalb eines Portfolios. Markowitz stellte fest, dass nicht die einzelnen Risiken der Anlageklassen entscheidend sind, sondern deren Korrelation zueinander. Werden Anlagen kombiniert, die nicht miteinander korrelieren, kann das Gesamtrisiko des Portfolios reduziert werden, ohne den erwarteten Ertrag zu verringern.
Der Optimierungsprozess wird häufig durch die sogenannte Effizienzkurve (Efficient Frontier) veranschaulicht. Diese zeigt, welche Portfolios das optimale Verhältnis von Risiko und Rendite bieten. Das ideale Portfolio liegt auf dieser Kurve und wird durch die Risikoaversion des Anlegers bestimmt.
Kernaussagen der Portfoliotheorie nach Markowitz
- Gesamtportfolio-Risiko: Das Risiko eines diversifizierten Portfolios ist in der Regel niedriger – höchstens gleich – als der durchschnittlich gewichtete Risikowert der enthaltenen Einzelanlagen. Das liegt daran, dass die Wertentwicklungen der verschiedenen Anlagen oft nicht parallel verlaufen und sich so gegenseitig ausgleichen können.
- Diversifikation als Grundprinzip: Eine Konzentration auf einzelne Wertpapiere, Anlageklassen oder geografische Regionen ist fast immer ineffizient. Durch Diversifikation lässt sich bei gleichem Ertrag das Risiko deutlich reduzieren.
- Korrelation als Schlüssel: Je geringer die Korrelation zwischen den Anlagen, desto besser können Schwankungen im Portfolio ausgeglichen werden. Anleger sollten daher gezielt nach Investitionen suchen, die unabhängig voneinander oder sogar entgegengesetzt reagieren.
- Risiken gezielt nutzen: Riskante Anlagen können, in moderaten Anteilen beigemischt, das Gesamtrisiko eines Portfolios verringern. Entscheidend ist, dass diese Anlagen nur einen geringen Gleichlauf mit dem Rest des Portfolios aufweisen.
- Gezielte Diversifikation: Einfach wahllos zu streuen ist zwar besser, als sich gar nicht abzusichern. Wirklich optimale Anlageentscheidungen erfordern jedoch eine bewusste Auswahl von Investments, bei der das Ausmaß der Korrelation zwischen den einzelnen Komponenten berücksichtigt wird.
Moderne Herausforderungen und die Einbindung privater Kapitalmarktprodukte
Aufgrund der stärkeren Korrelation zwischen Aktien und Anleihen in den letzten Jahren, ist zunehmend die Einbeziehung von Investitionen in den privaten Kapitalmarkt in Betracht zu ziehen. Sie können das Renditepotenzial steigern und zur Diversifizierung von Portfolios beitragen.
In den Portfolios institutioneller Investoren spielen Privatmarktanlagen bereits seit geraumer Zeit eine wichtige Rolle. Es ist an der Zeit, dies auch in die Investitionsstrategien privater Investoren mit einfließen zu lassen. Eine stetig steigende Zahl an Researchhäusern und Portfolioanalysten empfiehlt, die traditionelle 60/40-Allokation in Aktien und Anleihen in eine Mischung aus 50 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen und 20 Prozent Privatmarktanlagen weiterzuentwickeln.
Die Märkte haben sich verändert
Das aktuelle Umfeld mit höherer Inflation, wechselhaften Zinsen sowie schleppendem Wachstum unterscheidet sich merklich von den Bedingungen der letzten 40 Jahre. So stellte das BlackRock Investment Institute fest, dass sich Anleger in den 40 Jahren bis Ende 2021 darauf verlassen konnten, dass Aktien und Anleihen negativ korrelierten, also in entgegengesetzte Richtungen bewegten und somit für die Portfoliodiversifizierung ausreichten. 2022 zum Beispiel aber haben sich beide in die gleiche Richtung entwickelt und Anleger haben sowohl mit Aktien als auch mit Anleihen Verluste erlitten. Der private Kapitalmarkt hingegen konnte auch in dem Jahr mit positiven Renditen aufwarten.
Neben traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen gewinnen deshalb auch Produkte aus diesem Markt, wie ELTIFs mit Anlagen in Private Equity, Private Debt oder Infrastruktur, an Bedeutung. Die Allokation sollte jedoch je nach Risikobereitschaft des Anlegers variieren. Auch muss in Betracht gezogen werden, wie schnell und leicht das investierte Kapital verfügbar sein muss. Das ist bei jedem Anleger unterschiedlich.
Integration in ein Portfolio nach Markowitz
Die Einbindung privater Kapitalmarktprodukte in die Portfoliotheorie erfordert eine Anpassung der Modelle. Illiquide Anlagen und fehlende öffentliche Preisdaten machen es etwas schwieriger, Korrelationen und Standardabweichungen genau zu bestimmen. Dennoch gibt es Ansätze, diese Produkte effektiv zu integrieren:
- Risikomanagement: Der illiquide Anteil sollte die Risikotoleranz des Anlegers berücksichtigen. Hier hilft eine Aufteilung in Core- und Satelliten-Portfolios. Der Core-Anteil bleibt in liquiden, gut diversifizierten Anlagen, während Satelliten in alternative Anlagen fließen.
- Modellierung von Renditen und Risiken: Historische Daten können durch Simulationsmethoden ergänzt werden, um ein besseres Verständnis der potenziellen Performance privater Produkte zu erhalten. In der Regel informieren Asset und Fondsmanager über diese Aussichten.
- Nachhaltigkeit und Impact Investing: Viele private Kapitalmarktprodukte – wie grüne Infrastrukturprojekte – unterstützen ESG-Ziele und passen gut in moderne Portfolios.
Bessere Portfolios bauen
Die moderne Portfoliotheorie nach Markowitz bleibt ein essenzielles Werkzeug für Finanz- und Vermögensberater, um das optimale Verhältnis von Risiko und Rendite zu finden. Das neue Marktregime erfordert aber einen breiter aufgestellten und dynamischeren Anlageansatz, bei dem Anleger davon profitieren können, dass ihr gesamtes Portfolio in den Blick genommen wird. Mit einem solchen Ansatz, der über Aktien und Anleihen hinausgeht, können die Chancen an den Privatmärkten genutzt werden und die Portfolios privater Investoren zukunftssicher gemacht werden.