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ELTIF, Privater Kapitalmarkt

Mythos EU-Kommission als Überregulierer: Der ELTIF ist keine Banane.

Vorgeschlagene Änderungen an den Entwürfen technischer Standards für ELTIF 2.0 entschärfen die Herausforderungen.

Während die „Eurobanane“ fast schon sprichwörtlich für den zuweilen geschäftshemmenden Regelungswahn der EU steht, tut sich die EU-Kommission jetzt ausgerechnet bei den Regulatory Technology Standards für den ELTIF 2.0 (technische Regulierungsstandards, RTS) der European Securities and Markets Authority (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, ESMA) als Kritiker überbordender Regulierung hervor.

In einem Brief an Verena Ross, Chair der ESMA, macht John Berrigan, Chef der Generaldirektion für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarkt (Directorate-General for Financial Stability, Financial Services, and Capital Markets Union, FISMA) der EU-Kommission, deutlich, dass RTS grundsätzlich „technisch sein müssen, keine strategischen oder politischen Entscheidungen beinhalten dürfen und ihr Inhalt durch die Rechtsakte, auf denen sie beruhen, abgegrenzt werden muss“.

Insgesamt aber befürwortet die EU-Kommission das Ziel der ELTIF-Regulierung und unterstützt die Bemühungen, die Attraktivität des ELTIF 2.0 weiter zu erhöhen. Dafür macht sie mehrere konkrete Vorschläge zur Flexibilisierung der Vorgaben, die von fast allen betroffenen Teilnehmern aus der Finanzbranche begrüßt werden.

Was sind die wichtigsten von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen?

Die EU-Kommission stellt fest, dass ein Ziel des ELTIF 2.0-Regimes darin besteht, den ELTIF-Verwaltern Flexibilität zu bieten, damit sie ein breites Spektrum an Anlagestrategien und -zielen verfolgen können, insbesondere im Hinblick auf ihre Portfoliozusammensetzung. Nach Auffassung der EU-Kommission berücksichtigt der RTS-Entwurf der ESMA die individuellen Merkmale der verschiedenen ELTIF nicht ausreichend. Da es keine „Einheitslösung“ gibt, schlägt die EU-Kommission Änderungen an den RTS-Entwürfen vor, die einen angemesseneren Ansatz verfolgen und die Marktpraxis berücksichtigen.

Wer genau wissen will, was geändert werden soll, findet hier den Originalbrief von der EU-Kommission bzw. FISMA an die ESMA:
https://finance.ec.europa.eu/document/download/6d479235-3dc3-47da-844b-69bcaa2a0913_en?filename=240306-communication-eltif-rts-annex_en.pdf

Im Wesentlichen geht es um folgende Punkte:

Streichung der Mindestkündigungsfrist für Rücknahmen

Der RTS-Entwurf sieht eine Mindestkündigungsfrist für Rücknahmen von zwölf Monaten vor. Es sei denn, der ELTIF hält einen festen Mindestprozentsatz an liquiden Mitteln ein, der von der Länge der Kündigungsfrist abhängt. Die EU-Kommission schlägt vor, diese Anforderung zu streichen, da sie ihrer Meinung nach die Flexibilität einschränkt, die bestimmten offenen ELTIF im Rahmen der ELTIF 2.0-Regelung zugestanden wird, und daher dem Zweck der ELTIF-Reform widersprechen würde.

 

Wahrung der Verhältnismäßigkeit und der Marktpraxis bei den Liquiditätsanforderungen

Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass die hohen Liquiditätsanforderungen des RTS-Entwurfs zu einem Liquiditätsengpass bei ELTIF führen könnten, der durch übermäßige Liquidität im Portfolio verursacht wird. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass der standardisierte Ansatz des RTS-Entwurfs der individuellen Situation des ELTIF nicht gerecht wird und daher von der Nutzung von ELTIFs abhalten könnte. Was wiederum entgegen den Zielen des ELTIF 2.0 wäre. Die EU-Kommission empfiehlt daher, die liquiditätsbezogenen Anforderungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der bestehenden Marktpraktiken für langfristige Publikumsfonds und der individuellen Situation von ELTIFs zu ändern.

 

Keine sektorspezifischen Anforderungen an die Wahl der Liquiditätsmanagementinstrumente (Liquidity Management Tools, LMT) und die Offenlegung der Kosten

Die EU-Kommission spricht sich gegen ELTIF-spezifische Anforderungen an die Auswahl der Liquiditätsmanagementinstrumente und die Offenlegung der Kosten aus. Stattdessen schlägt sie eine Anpassung der Liquiditätssteuerung an Besonderheiten der verschiedenen ELTIF-Modelle sowie andere alternative Investmentfonds (AIF). Dazu gehört auch die Überarbeitung von LMT wie Swing-Pricing und Rücknahmegebühren. Darüber hinaus schlägt sie eine Angleichung der Vorschriften zur Offenlegung der Kosten an die bestehenden MiFID- und AIFMD-Richtlinien sowie die PRIIPs-Verordnung vor.

Die EU-Kommission kommentierte auch den Ansatz des RTS-Entwurfs in Bezug auf wesentliche Änderungen der Rücknahmepolitik und der Rücknahmebeschränkungen, die der zuständigen Aufsichtsbehörde im Allgemeinen im Voraus mitgeteilt werden sollten.

 

Zeitlicher Ablauf und nächste Schritte

Die ESMA hatte den RTS-Entwurf ausgearbeitet und der EU-Kommission zur Annahme im Dezember 2023 vorgelegt. Diese wiederum hat am 06. März 2024 darauf geantwortet, woraufhin die ESMA in Übereinstimmung mit den EU-Rechtsvorschriften sechs Wochen Zeit hat, den RTS-Entwurf auf der Grundlage der Überlegungen der Kommission zu ändern und der EU-Kommission erneut vorzulegen.

Legt die ESMA den überarbeiteten RTS nicht innerhalb von sechs Wochen erneut vor oder legt sie einen RTS-Entwurf vor, der nicht mit den vorgeschlagenen Änderungen übereinstimmt, kann die EU-Kommission den RTS mit den von ihr als relevant erachteten Änderungen annehmen oder den RTS-Entwurf vollständig ablehnen.

Auch wenn wir die finale Version noch abwarten müssen, scheint man sich in Brüssel einig, dass eine umsetzungsfreundliche Regulierung für einen umfassenden Erfolg des ELTIF, und damit auch der europäischen Transformationsfinanzierung, notwendig ist. Gemeinsam werden in den Behörden nun die Voraussetzungen dafür geschaffen.