Auf der Suche nach lukrativen Renditen blicken immer mehr vermögende individuelle Investoren auf den privaten Kapitalmarkt. Gleichzeitig öffnen sich Produktanbietern wie Asset Managern, Fondsgesellschaften und weiteren Emissionshäusern durch sich verändernde Regulatorik sowie digitale Optionen neue Anlegergruppen.
Den privaten Kapitalmarkt im Blick: Chancen für Investoren und Fondsanbieter
Das Feld an Anlagemöglichkeiten und Produktangeboten ist im privaten Kapitalmarkt fast genauso groß wie im öffentlichen Kapitalmarkt: Während beim Betrachten des privaten Kapitalmarkts vor allem von Private-Equity und Venture Capital die Rede ist, zählen ebenso Immobilien, Investitionen in Infrastruktur, Rohstoffe, natürliche Ressourcen und andere Sachwerte sowie nicht-börsennotiertes Fremdkapital dazu. In den letzten Jahren vermehrt auch Kryptowährungen und die „non- fungible tokens“ (NFTs), also die digitale Verbriefung des Eigentums an digitalen Kunstwerken oder Investitionen in klassische Kunst, Musikrechte oder Sammlerstücke als weitere „Alternative Investments“.
Privater Kapitalmarkt als der wirkliche Wirtschaftstreiber
In der öffentlichen Wahrnehmung spielt der private Kapitalmarkt eine untergeordnete Rolle. Doch der Schein trügt: Während an der Börse in Frankfurt die Wertpapiere von rund 550 Unternehmen gehandelt werden, gibt es deutlich mehr Unternehmen, die sich direkt über Banken oder aber die privaten Kapitalmärkte finanzieren. Besonders der private Kapitalmarkt generiert immer stärker das Interesse neuer Anlegergruppen, die sein „verstecktes Potenzial“ entdecken wollen und jetzt auch können: Denn neue Produkte, neue Technologien und neue Vertriebswege ermöglichen Unternehmen, Intermediären und Investoren neue Wege. Ein gutes Beispiel dafür ist die erst im Februar vom EU-Parlament verabschiedete ELTIF-Reform, die allen Akteuren Chancen bietet,: Produktanbieter als auch Vertriebskanäle werden durch die Aufweichung äußerst aufwendiger bürokratischer Hürden in die Lage versetzt, Investoren einen einfacheren Zugang zum privaten Kapitalmarkt zu ermöglichen. Das nimmt auch das Analysehause Scope in seiner jüngsten Studie zum ELTIF-Markt wahr und geht sogar so weit, dass „der ELTIF das Vehikel sein wird, das sich für Privatkunden als Standard im europäischen Markt für Privatmarktinvestments etablieren wird.“ Hat der seit 2015 bestehende ELTIF-Markt 2022 die 10 Milliarden Euro-Marke geknackt, sehen sie ihn bei moderatem Wachstum bis 2028 bei 35 Milliarden Euro, in einem „dynamischen Szenario“ sogar bei 50 Milliarden Euro.
In einer Studie schätzten Morgan Stanley Research und die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman das Volumen der Investitionen an privaten Kapitalmärkten weltweit (AUM) im Jahr 2020 auf mehr als 7 Billionen US Dollar. Bis 2025 erwarten sie einen Anstieg auf über 13 Billionen US Dollar. Das Berliner Fintech Moonfare, das Investoren zu geringeren Summen als üblich Investments in Private-Equity- oder Wagniskapitalfonds anbietet, hatte letztes Jahr eine Umfrage unter Family Offices durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass Anlagen am privaten Kapitalmarkt im Portfolio allein dieser Investorengruppe eine immer wichtigere Rolle einnehmen: 58 Prozent hätten in den vergangenen zwei Jahren mehr Geld als zuvor in diese Assets allokiert.
Individuelle Investoren auf dem Vormarsch
Laut Morgan Stanley Research und Oliver Wyman gehen 90 Prozent der Investitionen auf den privaten Kapitalmärkten zurück auf Institutionelle Investoren sowie sehr vermögende Anleger, die sogenannten Ultra-High Net Worth Individuals (UHNWI) mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 30 Millionen US Dollar.
Angesichts der oftmals höheren Rendite, die Investitionen in diese langfristigen, illiquiden Produkte versprechen, interessieren sich aber zunehmend breitere Käuferschichten für den privaten Kapitalmarkt. Zudem steigt international die Zahl derjenigen Investoren, die in die Reihen der reichen oder ultrareichen Personen aufsteigen. Das Wachstum auf dem privaten Kapitalmarkt wird also zum einen von Seiten der Nachfrage angetrieben. Und damit steigt in der Regel auch das Angebot an Produkten.
Wesentliche Anlagevehikel in privaten Kapitalmärkten sind geschlossene Fonds, oft Private-Equity-Investitionen oder Infrastruktur- und Immobilienprojekte. Sowohl die Konzeption als auch die Vermarktung zog bislang einen großen Aufwand und hohe Kosten mit sich. Im Zuge der Digitalisierung sind in den letzten Jahren aber Plattformen auf den Markt gekommen, die hier ansetzen und sowohl Investorenansprache als auch das Investieren selbst auf mehreren Ebenen vereinfachen. Dank solcher Technologie können sich auch kleinere Transaktionen lohnen – sowohl für Anbieter, Vermittler und Investoren. Daher ist oft von einer Demokratisierung oder auch Retailization am Kapitalmarkt die Rede
Plattformen und Services als Partner für Asset Manager und Finanzberater
Derartige Plattformen müssen nicht unbedingt als eigene Marke auftreten, sie können auch im Middle oder Backoffice Finanzvermittlern und Vermögensberatern als auch Asset Managern selbst bei Angebot und Verkauf von Kapitalmarktprodukten und/oder der Durchführung und Abwicklung der Transaktion helfen, ein Ansatz, wie wir ihn bei portagon verfolgen.
Morgan Stanley Research und Oliver Wyman verweisen darauf, dass sich der Blick von Vermögensverwaltern und Asset Managern auf diese Plattformen geändert habe: Nachdem diese anfänglich als Konkurrenz betrachtet wurden, weil sie Endkunden direkt adressierten, würden sie nun als Unterstützung gesehen. Gute Plattformen lassen sich schließlich nahtlos auf den Systemen sowohl der Produktanbieter als auch der Berater integrieren und bieten die notwendigen Informationen und Instrumente zur Beratung der Kunden aus einer Hand. Für Vermögensverwalter bietet sich somit „eine große Chance“ so die Experten von Morgan Stanley und Oliver Wyman: Neue Distributionskanäle über Plattformen, neue Produkte, eine tolerantere Regulierung und die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie führten zur Erschließung größerer Kundengruppen und könnten „eine Quelle sein für eine Wettbewerbsdifferenzierung, Schutz vor dem starken Abwärtsdruck auf die Gebühren und eine Möglichkeit, die Kundentreue zu erhöhen sowie eine Quelle wiederkehrendender Einnahmen“.