„Wo viel Sonne ist, gibt es viel Africa GreenTec“

Lesedauer: 7 Minuten

Veröffentlicht am 2. Juli 2021
Africa GreenTec gestaltet mit seinem "Solartainer" und der "ImpactSite" die dezentrale und lokale Energieversorgung in Dörfern auf dem afrikanischen Kontinent. Das hessische Unternehmen bringt Strom in abgelegene Regionen. Was treibt das Team um Gründer Torsten Schreiber an?

„Es war einigermaßen absurd“, erinnert sich Torsten Schreiber an den Sommer 2014 zurück. Er war in Bamako zu Besuch, der Hauptstadt Malis. Dort besichtigte er ein Dieselkraftwerk, das täglich 170.000 Liter Diesel verbrennt, aber nur zehn Prozent des Strombedarfs der Stadt deckt. Der Wirkungsgrad solcher Anlagen ist denkbar schlecht,  sie verschwenden mehr Energie als das sie sie erzeugen.

„Die Effizienz dieser Anlage war extrem gering – und das in einem Land, in dem fast immer die Sonne scheint.“ Schreiber ist schnell davon überzeugt, dass sich das anders lösen lässt. Dass Strom auch auf einem sauberen Weg zur Verfügung stehen kann.

Africa GreenTec baut Solartainer und versorgt die lokale Bevölkerung mit Strom

Er will das Problem angehen und gründete 2015 gemeinsam mit seiner Frau Aida Africa GreenTec in Hainburg. Es ist ein Sozialunternehmen. Das bedeutet, dass der Profit nicht im Vordergrund steht. Das Lösen gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen hat oberste Priorität. Die nötige Erfahrung mit Energieprojekten und deren Finanzierung bringt Torsten Schreiber von bettervest mit. 2012 hatte er die Online-Investionsplattform mit aufgebaut.

Dieselgeneratoren sind mittlerweile überholt: zu teuer in der Strom-Produktion, zu schädlich für Mensch und Umwelt. Sonne gibt es in Mali hingegen im Überfluss. Die notwendigen Stromleitungsnetze hatte die Weltbank im Rahmen eines Entwicklungsprojekts um die Jahrtausendwende in mehreren hundert Dörfern verlegt.

Und hier kam Africa GreenTec ins Spiel. In Mali errichtete Africa GreenTec seinen ersten mobilen Container, der mit einer Solaranlage ausgestattet ist, den so genannten „Solartainer“.

Der „Solartainer“  sorgt für Strom. Er ist gleichzeitig das Herzstück der „ImpactSite“. So nennt Africa GreenTec die multifunktionalen Versorgungsnetze für ländliche Regionen im globalen Süden. Dazu gehören neben den Photovoltaikanlagen des „Solartainers“ auch Solarpumpen, Anlagen zur Aufbereitung von Trinkwasser, Lithium-Batterien zur Stromspeicherung, Satellitenantenne für den Internetzugang und Stromnetze.

Dezentrale Energieversorgung für mehr Selbstbestimmung

Heute ist das hessische Unternehmen neben Mali noch in Niger und Tschad aktiv, weitere Länder sollen folgen. Die Solartainer werden in die Dörfer geliefert, aufgebaut, gewartet und betrieben. Dort gibt es keine Elektrizität, keinen Zugang zu Wasser oder eine funktionierende Kühlkette. Alles das stellt die „ImpactSite“ zur Verfügung.

So schafft Africa GreenTec eine grundlegende Infrastruktur vor Ort. Für den Betrieb der Anlage bildet das Unternehmen die Bewohnerinnen und Bewohner selbst vor Ort aus, um die Anlagen eigenständig zu warten. Das schafft Perspektive, da die Menschen höhere landwirtschaftliche Erträge erzielen und damit ein eigenes Einkommen erzielen.

Der aus dem „Solartainer“ gewonnene Strom wird direkt an die Dorfbewohner verkauft und damit Umsätze erwirtschaftet. „Das ist ein anderer Ansatz als bei klassischer Entwicklungshilfe, die wenig sinnvoll ist. Wir begegnen der lokalen Bevölkerung auf Augenhöhe und wollen langfristige Beziehungen aufbauen“, erklärt Torsten Schreiber.

Die Menschen werden zu mehr Selbstbestimmung und Wachstum befähigt und sind nicht auf fortlaufende Subventionen und Hilfen angewiesen, die dann irgendwann ausbleiben, woraufhin die Anlagen vor Ort bald nicht mehr zu gebrauchen sind. „Bau von Ruinen“ nennt Schreiber das.

Africa GreenTec: Genossenschaft und Energieversorger

Africa GreenTec fußt auf zwei Geschäftsmodellen: Betreibermodell und Genossenschaft. Beim Betreibermodell tritt das Unternehmen als Energieversorger auf, die Anlagen werden über ein Darlehen wie beim aktuellen Crowdinvesting finanziert.

Das zweite Geschäftsmodell von Africa GreenTec sieht das Dorf selbst als genossenschaftlich organisierte Betreiber. Davon profitieren die Bewohner, aber auch kleine Handwerksunternehmen oder Gemüsehändler. Die Überschüsse, die die Betreibergesellschaften erzielen, werden in die Wartung und Weiterentwicklung der Anlagen reinvestiert – und nicht zur Gewinnmaximierung verwendet. Kunden schließen sich in diesem Fall zu einer Genossenschaft zusammen, die die Anlage besitzen und betreiben.

Nach dem Prinzip des Betreibermodells hat Africa GreenTec in den vergangenen fünf Jahren 21 Solarcontainer in Afrika aufgebaut. 20 davon in Mali, einen im Nachbarland Niger. 17 dieser Anlagen seien bereits in Betrieb und verkaufen Strom, wodurch rund 100.000 Menschen versorgt werden.

Ziel des Unternehmens ist es, bis 2030 mindestens drei Millionen Menschen mit Elektrizität zu beliefern. Das Potenzial ist groß. Laut einer Studie der Weltbank soll der Markt für dezentrale Energieversorgung in den kommenden zehn Jahren um das zehnfache wachsen.  Und in der Subsahara-Region in Afrika, in der Africa GreenTec aktiv ist, leben laut Vereinten Nationen rund 560 Millionen Menschen ohne elektrische Energie.

Africa Greentec

Ausreichend Sonne und ein umfassender Markt, der mit Strom versorgt werden kann: Die Bedingungen für den Erfolg von Africa GreenTec sind gegeben. Einzig an der Finanzierung hapert es noch.

Institutionelle Investoren schrecken weitestgehend vor Ländern wie Mali und Niger zurück. Die Terrorgefahr sei zu hoch.

Helfen soll deshalb die Crowd. Torsten Schreiber hat sich bereits früh mit Crowdinvesting auseinandergesetzt; bettervest war einer der ersten Anbieter am Markt. Der erste Solartainer von Africa GreenTec war auch gleichzeitig das erste Crowdinvesting in Deutschland, das in Afrika umgesetzt wurde und gilt bis heute als das Pionier- und Leuchtturmprojekt.

Zur Finanzierung braucht Africa GreenTec die Crowd

Ein erster Schritt ist mit der White-Label-Lösung von portagon (damals noch unter dem Namen CrowdDesk) getan. „Auf unserer Fundingpage können sich Investoren über Genussrechte an unserem Unternehmen beteiligen“, sagt Schreiber. Und das Projekt ist ein voller Erfolg: Derzeit haben 1.656 Anlegerinnen und Anleger knapp 3,2 Millionen Euro investiert. Damit gehört das Crowdinvesting von Africa GreenTec schon jetzt zu den erfolgreichsten seiner Art in Deutschland.

Die Software von portagon bildet dieses Finanzinstrument ab. Für ihn und sein Team sind Genussrechte der wesentlich sinnvollere Weg beim Crowdfunding. „Als AG haben wir das Genussrecht so ausgestaltet, dass es als virtuelle Vorzugsaktie funktioniert“, sagt Jörg Puschmann. Er ist Projektmanager bei Africa GreenTec und war zuvor für die Online-Investionsplattform econeers tätig, die nachhaltige Energieprojekte in Deutschland finanziert. „So partizipieren Investoren direkt am Bilanzgewinn und an der Unternehmenswertsteigerung. Das ist für uns die ehrlichere und einfachere Art als beispielsweise ein Nachrangdarlehen.“

Africa Greentec

Crowdinvesting, Crowdlending, donation-based und reward-based Crowdfunding: Neben Genussrechten ist die portagon-Software auch in der Lage alle diese Finanzinstrumente auf einer Plattform abzubilden.

Somit ermöglicht Africa GreenTec nicht nur die Finanzierung von Projekten, die eine monetäre Rendite bieten. Durch diesen Ansatz kann sich jeder einbringen und Projekte unterstützen, individuell nach den eigenen Möglichkeiten.

Unterschiedliche Investorengruppen mit individuellen Vorstellungen können mit der Plattform angesprochen werden. Das ist insofern ungewöhnlich, als das eine Plattform sich in der Regel nur auf eine Art der Schwarmfinanzierung oder sogar nur eine Art von Projekten konzentriert.

„Wo viel Sonne, da viel Africa GreenTec“

Das Energieunternehmen konzentriert sich aber nicht nur auf Afrika. „Die ImpactSites sind überall dort relevant, wo dezentrale Energie-, Wasser- oder Kommunikationsversorgung gefragt ist“, sagt Schreiber. Strom ist der erste Schritt, um Infrastrukturen aufzubauen.

Dafür gebe es vor allem im globalen Süden einen enormen Bedarf. Er schätzt, dass es rund eine Million ImpactSites gibt, die Africa GreenTec aufbauen und betreiben könnte. Dazu braucht es die Kraft der Crowd.

In Malis Hauptstadt steht indes noch immer das Dieselkraftwerk, das für Torsten und Aida Schreiber die Initialzündung für ihr Unternehmen war. Die beiden konzentrieren sich aber in erster Linie auf die dezentrale Energieversorgung in dem Land. Mit ihrem Zugang zu Strom machen sie direkt dort einen Unterschied, wo sie gebraucht werden. Denn: „Wo viele Sonne ist, dort wird es auch viel Africa GreenTec geben.“

 

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