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Foto von Jens Freudenberg, Geschäftsführer der BVT Unternehmensgruppe

Digitale Finanzanlagevermittlung, Interview

Wie sieht die Zukunft der Finanzanlagevermittlung aus? – Jens Freudenberg (BVT) im Interview

Compliance-konforme Digitalisierung alternativlos, damit Berater:innen sich auf das Wesentliche, die Betreuung ihrer Kund:innen, konzentrieren können.

Jens Freudenberg ist Geschäftsführer in der BVT Unternehmensgruppe. Sie ermöglicht seit Jahrzehnten Investitionen in Immobilien in Deutschland und den USA. Nachhaltigkeitskriterien stellen die Auflage von Neuprodukten und den Vertrieb der Beteiligungen an Anleger:innen vor eine besondere Herausforderung.

In der BVT-Unternehmensgruppe legen Sie Produkte für Privatanleger:innen, semiprofessionelle und professionelle Anleger auf. Wie stellen Sie die ESG-Konformität her?

Nachhaltigkeit ist das große Thema unserer Zeit und die Leitlinie für die gesamte Finanzbranche. Auch wir berücksichtigen bei allen Produkten, die wir 2022 auf den Markt bringen, ESG-Kriterien – soweit das bislang möglich ist. Momentan kann leider niemand sagen, ob Produkte, die heute nach gewissen Artikeln der Offenlegungsverordnung – der SFDR – konzipiert werden, den Nachhaltigkeitsanforderungen der Zukunft entsprechen werden. Im Immobilienbereich, in dem wir uns als BVT unter anderem bewegen, können Nachhaltigkeitszertifizierungen wie LEED und BREAM ein Anhaltspunkt dafür sein, dass wir Objekte auch noch in 10 Jahren anbieten können. Wir hoffen zeitnah auf einheitliche Branchenstandards, was die Bewertungskriterien angeht.

In anderen Ländern ist man im Umgang mit ESG-Kriterien nicht ganz so streng wie in Deutschland …

Wir sind in Deutschland im Bereich der Nachhaltigkeit bereits sehr weit. Das ist zwar erfreulich, aber nicht ausreichend, denn die ESG-Kriterien wirken letztlich nur, wenn sie international angewendet werden. Große Märkte wie die USA müssen noch verinnerlichen, was wir hier bereits vorleben: Im Sunshine State Florida sind auf den Dächern neuer Immobilien beispielsweise meist keine Solaranlagen, sondern Kühlgeräte. Als BVT müssen wir unsere amerikanischen Immobilienentwickler dahingehend steuern, europäische ESG-Kriterien im Bau zu berücksichtigen. Damit könnten unsere Fonds auch in Deutschland als Produkte vermarktet werden, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Und ganz wichtig: Damit findet sukzessive ein globales Umdenken in Richtung einer nachhaltigeren Welt statt.

Foto von Jens Freudenberg, Geschäftsführer der BVT Unternehmensgruppe

Jens Freudenberg

Geschäftsführer in der BVT Unternehmensgruppe

„Die digitale Finanzanlagevermittlung ist die Zukunft."

Wie wirken sich die ESG-Kriterien in der Praxis aus?

Im Rahmen der Finanzmarktrichtlinie MiFID müssen Anlageberater:innen voraussichtlich ab dem 2. August verpflichtend die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kund:innen erfragen. Wer als Anleger:in hohe Anforderungen an ESG-Kriterien hat, wird leider feststellen, dass es kaum ein Angebot oder Produkte gibt, die diesen entsprechen.

Unter anderem steigern die ESG-Anforderungen die Komplexität der Finanzanlageberatung. Wie begegnen Sie dem?

Wir sind als Anlagervermittler tätig und vertreiben unsere Produkte meist über Dritte – über Banken oder selbständige Vermittler:innen. Dabei stellen wir fest, dass sich die Rahmenbedingungen oft so schnell verändern, dass es einen großen Kraftakt darstellt, diese regelkonform umzusetzen. Es geht dabei um vermeintlich triviale Dinge: eine Unterschrift, die fehlt; ein Kreuzchen, das nicht gesetzt wurde; veraltete Unterlagen, die nicht mehr genutzt werden dürften, weil sich beispielsweise eine Formulierung zur Widerrufsbelehrung geändert hat. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Partner rechtlich viel einfacher sicher vermitteln können, wenn wir neue Technologien einsetzen, beispielsweise digitale Zeichnungs- und Beratungsstrecken. Es gibt keine Alternative zur Digitalisierung der Prozesse. So können sich Berater:innen auch wieder auf das Wesentliche konzentrieren: die Betreuung der Kund:innen.

Oft begegnet man dem Einsatz neuer Technologien mit Zurückhaltung und Skepsis. Wie wäre das in der Finanzanlagevermittlung?

Das stimmt – und daher haben wir das intern analysiert: Finanzanlagevermittler:innen haben die Sorge, dass sie mit der Umstellung auf digitale Prozesse die direkte Kundenbeziehung verlieren könnten, oder dass sie damit die Kundendaten preisgeben. Man muss hier Überzeugungsarbeit leisten und vermitteln, dass die Technologie ihnen ermöglicht, deutlich mehr Kund:innen zu gewinnen, während sie sich mit einem exklusiven und persönlichen Ansatz auf umsatzstarke Top-Kunden konzentrieren können. In Bezug auf die Daten ist es wichtig, dass ein Anbieter digitaler Prozesse sich als reiner Dienstleister versteht und nicht selbst Produkte emittiert oder vertreibt. Der digitalen Finanzanlagevermittlung gehört aus meiner Sicht ganz klar die Zukunft.

Die BVT Unternehmensgruppe mit Sitz in München und Atlanta sowie Büros in Berlin, Köln und Boston erschließt als bankenunabhängiger Asset Manager seit über 45 Jahren deutschen Privatanleger:inen und institutionellen Investor:innen die vielfältigen Chancen internationaler Sachwertinvestitionen. Im Fokus stehen die Bereiche Immobilien USA und Deutschland, Energie und Infrastruktur, Private Equity sowie Portfolio-Konzepte. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 7,4 Milliarden Euro und rund 80.000 Anleger:innen gehört BVT zu den erfahrensten Anbietern im Bereich geschlossener Sachwertbeteiligungen.